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Eine Weihnachtsgeschichte aus der österreichischen Immobilienwirtschaft

Eine Weihnachtsgeschichte aus der österreichischen Immobilienwirtschaft
© Ivalu

Es begab sich zu Wien, als der Bürgermeister die Einwohner, Einwohnerinnen und alle anderen aufforderte, sich zum Magistrat zu begeben, um eine ID-Austria zu beantragen.

Josef und Maria aus Wien Donaustadt machten sich also online auf die Reise nach der zuständigen Behörde. In ihrem Heimatbezirk war der erste Termin am 17. Juni 2024 um 11:15 Uhr verfügbar. Nach Stunden der Verzweiflung, schließlich musste man in Kürze auch die Ankunft eines Neugeborenen online anmelden, fiel die Entscheidung, kurzfristig den Wohnsitz nach Niederösterreich zu verlegen. Dort sollte der Antrag schneller gehen.

Ein kurzer Blick auf willhaben reichte, um dem Tischler und seiner Gattin zu bestätigen, was man ohnehin schon befürchtet hatte. Aufgrund der KIM-Verordnung und der gestiegenen Zinsen war ein Eigenheim in Niederösterreich außerhalb der wirtschaftlichen Reichweite. Auch ein befreundeter Mitarbeiter eines gemeinnützigen Bauträgers zuckte bei der entsprechenden Anfrage nur traurig mit den Achseln. Seit den gestiegenen Baukosten würden einfach keine neuen Wohnungen mehr gebaut.

Für einen Tischler waren diese Herausforderungen aber nur der Ansporn, eben selbst Hand anzulegen. Aber oh weh! Die Regeln der Raumordnung schoben seinen ambitionierten Plänen einen haushohen Riegel vor.

Die beiden setzten sich also in ihren Tesla – weit würden sie aber nicht kommen. Er hatte zu wenig geladen, denn Wien Energie hatte erst vor kurzem bekannt gegeben, dass in dem neuen Wohnhaus keine weiteren E-Tankstellen mehr genehmigt würden, die Kapazität würde nicht ausreichen.

Auch Anrufe bei großen, kleinen und allen anderen Maklerfirmen fruchteten nur wenig, denn seit Inkrafttreten des Bestellerprinzips waren Mietwohnungen Mangelware. Und wenn, dann waren sie für das junge Ehepaar ebenso unerschwinglich. Schließlich mussten die günstigen Wohnungen in Wien ja für gutverdienende Babyboomer als Heimstatt herhalten.

Maria betonte außerdem – völlig legitim – dass sie ihr Kind nur einer klimafitten Umgebung gebären wollte. Josef drehte zwar – innerlich nur natürlich – mit den Augen, erweiterte den Filter bei den Suchmaschinen aber entsprechend.

Inzwischen war jedoch auch ein Hoffnungsschimmer in Form eines Sterns am Horizont aufgetaucht, laut letzten Meldungen auf X (vormals Twitter) waren 3 Könige aus dem Morgenland unterwegs nach Wien, um Gastgeschenke zu bringen. Josef schöpfte Hoffnung, dann würde man sich die Anzahlung für ein schmuckes Eigenheim vielleicht leisten können, vorausgesetzt, der Goldkurs würde ob der mannigfaltigen Krisen weiter steigen. „Außerdem bringen sie ja vielleicht Kobalt statt Myrrhe“, lächelte er seiner Frau aufmunternd zu.

In der Zwischenzeit war man in einer mittlerweile nicht mehr ganz so legalen AirbnB Wohnung untergeschlüpft. Einziges Manko: Die Nachbarn aus Ostanatolien hielten im Innenhof einen Esel und ein Rind. Das hielt Maria aber nicht davon ab, eine GrüneErde-Matratze mit Stroh von glücklichen Wiesen zu stopfen. So perfekt vorbereitet wartete man auf die Ankunft des neuen Erdenbürgers. Das flackernde Licht vor den Fenstern der Wohnung entpuppte sich alsbald als Leuchten der Drohnen, die von überall herbeiflogen, um Jesus für die Nachwelt und Instagram entsprechend festzuhalten. Die drei Könige waren in der Zwischenzeit auch eingetroffen, zwar mit leichter Verspätung, schließlich musste man die letzten Kilometer mit der ÖBB zurücklegen.

Und Josef hatte ein paar ganz spezielle Wünsche an das Christkind: „Fallende Zinsen, die KIM-Verordnung weg, mehr neue Wohnungen, Sanierung auf Aufstockung und Bestandsimmobilien und Banken, die wieder neue Projekte finanzieren!“ Maria lächelte milde: „Josef, das wäre ja wie Weihnachten und Ostern an einem Tag!“

Wir dürfen schon jetzt ein Frohes Fest und ein paar Tage zum Luftholen genauso wie einen dynamischen Start ins neue Jahr wünschen!  

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