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Ivalu Spotlight: Im Interview Aleksandra Mitrovic (Prokuristin, Leitung Wohnimmobilien Miete) und Benjamin Plank (Innovation und digitale Transformation), ÖRAG Österreichische Realitäten AG

Wir haben Ivalu Spotlight ins Leben gerufen und befragen namhafte Entscheidungsträger:innen der Immobilienwirtschaft zum Trendthema Digitalisierung, deren Auswirkungen, Nutzen und Chancen für die Branche.
Ivalu Spotlight: Im Interview Aleksandra Mitrovic (Prokuristin, Leitung Wohnimmobilien Miete) und Benjamin Plank (Innovation und digitale Transformation), ÖRAG Österreichische Realitäten AG
© Ivalu

Welchen Stellenwert hat Digitalisierung bei Ihnen im Unternehmen?

Die Digitalisierung hat für die ÖRAG schon seit langem einen sehr hohen Stellenwert. Mit unseren innovativen Produkten, wie beispielsweise dem Info-Portal, haben wir uns schon früh als Vorreiter in der Branche positioniert und konnten unseren Kunden einen messbaren Mehrwert durch digitale Tools bieten.

Um unseren Vorreiterstatus zu stärken, verfolgen wir eine ambitionierte Digitalstrategie. Die ersten Ergebnisse dieser Strategie werden gegen Ende des Jahres für unsere Kundinnen & Kunden erlebbar werden. Dabei werden die Fachbereiche von einem neuen Team, das sich speziell um die Bereiche digitale Transformation und Innovation kümmert, unterstützt. So schaffen wir die ideale Kombination aus digitaler und immobilienspezifischer Expertise, um Mehrwert für unsere Kundinnen & Kunden zu kreieren.

Die Geschwindigkeit der Digitalisierung war noch nie so hoch wie heute und wird gleichzeitig nie wieder so langsam wie jetzt sein. Wir sind auf diese Entwicklung bestens vorbereitet und freuen uns auf die bevorstehenden Herausforderungen und Chancen.

Die Digitalisierung schreitet in vielen Lebensbereichen rasant voran. Bei welchen Prozessen in der Immobilienbranche sehen Sie das größte Potenzial?

Als Full-Service-Dienstleister mit den Bereichen Liegenschaftsverwaltung, Immobilienvermittlung, Immobilienbewertung, Facility Management & Baumanagement sehen wir das größte Potential nicht in der Optimierung einzelner Prozesse, sondern in der ganzheitlichen Betrachtung team- und bereichsübergreifender Ende-zu-Ende-Prozesse. Es geht dabei nicht darum, an traditionellen Arbeitsabläufen festzuhalten oder um Prozesse, die für uns als ÖRAG ideal sind. Stattdessen restrukturieren wir im Zuge der Digitalisierung unsere Prozesse von Anfang bis Ende nach den Bedürfnissen unserer Kundinnen & Kunden, die ein sehr diverses Profil aufweisen (Mieter, Interessenten, Eigentümer), und orientieren uns an deren strategischen Kenngrößen.

Ein Beispiel: Für Vermieter, zählen nicht die Einzelprozesse wie Kündigung, Kautionsauszahlung, Vermittlung oder Mietvertragserstellung. Was für sie zählt, ist die strategische Zielsetzung, Leerstände so kurz wie möglich zu halten. Unser Ziel ist es, dies - mit Hilfe von digitalen Lösungen - zu ermöglichen.

Für uns ist die Digitalisierung kein Selbstzweck oder eine Marketingmaßnahme, sondern der größte Hebel, um auf der einen Seite für Endkundinnen & -kunden das bestmögliche Nutzererlebnis zu bieten und auf der anderen Seite nachhaltig ein strategisch relevanter Partner für unsere Kunden bleiben zu können.

Welche digitalen Lösungen vermissen Sie im Immobilienbereich?

Der PropTech-Markt ist aktuell äußerst aktiv und es tauchen immer mehr digitale Lösungen auf, insbesondere in Bezug auf aktuelle Themen wie CRM, künstliche Intelligenz und ESG. Angesichts dieser Fülle kann es teilweise schwierig sein, den Überblick zu behalten und zu erkennen, welche relevanten Lösungen für den eigenen Anwendungsfall vorhanden sind bzw. welche Lösungen es zusätzlich noch bräuchte. Wichtig sind bei dieser Lösungsfindung nicht nur PropTechs und Trendthemen, sondern auch klassische Bereiche wir z.B. DMS oder ERP-Systeme. Etablierte Unternehmen dürfen auch hier aktuelle Trends nicht verschlafen.

Mindestens genauso wichtig wie die Auswahl der richtigen Lösung, aber oft in den Hintergrund gedrängt, ist die korrekte Definition des Problems. Erst wenn man sich der Schmerzpunkte seiner Kundinnen & Kunden bewusst ist und das Problem umfassend und klar formuliert hat, macht es Sinn, nach einer (digitalen) Lösung zu suchen. Hier gilt: Problemverständnis vor Lösungssuche.

In welchen Prozessen verwenden Sie in Ihrem Unternehmen digitale Lösungen? 

Wir setzen in allen Bereichen auf digitale Lösungen, die sich je nach Bedarf in unterschiedlichen Ausbaustufen befinden. Aufgrund des aktuellen Bestellerprinzips im Maklerbereich und den steigenden Anforderungen in der Verwaltung liegt unser Schwerpunkt dieses Jahr auf den Vermittlungs- und den Hausverwaltungs-Prozessen.

In der Vermittlung geht es um den gesamten Prozess von Anfrage bis Abschluss und wie wir in diesem Prozess schneller auf Anfragen & Wünsche reagieren können. Dabei müssen wir die Erwartungen zweier Hauptzielgruppen erfüllen. Endkunden – also z.B. Miet- oder Kaufinteressenten - sind durch ihre Erfahrungen mit Unternehmen wie Amazon, Apple und Co. daran gewöhnt, dass Anfragen schnell und transparent mit einer exzellenten Customer Experience gelöst werden. Gleichzeitig erwarten Abgeber & Eigentümer detaillierte Reports und Analysen zu ihren Immobilien & Portfolios von uns.

Um diese Anforderungen und auch jene in der Immobilienverwaltung zu erfüllen, nutzen wir Plattformlösungen, die Workflows sowohl für unsere Mitarbeiter als auch für unsere Kunden transparent darstellen und nahtlos in unsere interne Systemlandschaft integrieren. Dabei kooperieren wir sowohl mit Startups als auch mit etablierten Technologiepartnern. Auf dieser soliden Grundlage können wir in Zukunft Abläufe vereinfachen und routinemäßige Prozesse automatisieren. Dies hat zwei wesentliche Vorteile: Zum einen können wir Prozesse schneller abarbeiten, zum anderen können sich unsere Mitarbeiter noch stärker auf komplexe Anliegen & die Arbeit am Kunden konzentrieren. Unser Qualitätsanspruch liegt sehr hoch, daher nehmen wir uns auch sehr viel Zeit für die Entwicklung unserer Prozesse, um am Ende die beste Customer Experience sicherstellen zu können.

Zusätzlich werden Themen wie künstliche Intelligenz, ESG und EU-Taxonomie stark an Bedeutung gewinnen. Im Rahmen der Umsetzung unserer Digitalstrategie schaffen wir derzeit die Basis dafür, vorhandene Daten aus allen Bereichen und Daten, die wir in Zukunft erheben werden, effektiv zu nutzen. Zukünftig werden wir unseren Kunden relevante Reports und Analysen einschließlich konkreter Handlungsempfehlungen für ihr Portfolio zur Verfügung zu stellen.

Was stört Sie bei Anbietern von digitalen Lösungen am meisten?

Es ist entscheidend, dass die Erwartungen, die man an Anbieter von digitalen Lösungen stellt - ob es sich nun um ein Startup oder einen etablierten Partner handelt - realistisch sind. Teilweise werden z.B. sehr starre Lösungen, welche nicht im gewünschten Maß auf individuelle Wünsche angepasst werden können, geboten.  Wenn man die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau erwartet, wird man schnell Punkte finden, die einen stören.

Wenn man allerdings mit einer offenen und partnerschaftlichen Einstellung in ein Gespräch auf Augenhöhe geht und transparent kommuniziert, dann schafft man es auch, gemeinsam an den wichtigen Problemen der Kunden zu arbeiten. Viele Anbieter benötigen noch mehr Feedback vom Markt, um noch besser auf Kundenwünsche eingehen zu können. Durch diesen Ansatz können Lösungen entwickelt werden, die nachhaltig einen Mehrwert liefern. Es geht also weniger um perfekte Lösungen von Beginn an, sondern um eine konstruktive Zusammenarbeit und kontinuierliche Verbesserung, um die Bedürfnisse der Kunden bestmöglich zu erfüllen.

Foto ©ÖRAG/WILKE

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