Welchen Stellenwert hat Digitalisierung bei Ihnen im Unternehmen?
Digitalisierung ist uns sehr wichtig, in den meiste Bereichen sind wir schon „digital only“. Für die älteren Kollegen war das eine große Umstellung, weil die immer noch gerne etwas ausgedrucktes in der Hand haben. Die Schnittstellen nach außen sind schwieriger weil kaum ein Partner (z.B. Handwerker) die gleiche Software hat.
Die Digitalisierung schreitet in vielen Lebensbereichen rasant voran. Bei welchen Prozessen in der Immobilienbranche sehen Sie das größte Potenzial?
Ich glaube dass auf der Baustelle noch am meisten Transformation stattfinden muss. Die Zettelwirtschaft mit falschen Plänen auf der Baustelle, Lieferscheinen die wo rumfliegen und Mängel-Erfassung muss noch deutlich einfacher werden. Auch die Hausverwaltung ist meiner Ansicht nach noch nicht digital genug. Bei den meisten Hausverwaltungen wird zwar hausintern alles in einer Software erfasst, dann gehen aber wieder Briefe raus und schriftliche Aufträge an Handwerker, am Ende kommt die schriftliche Rechnung, im besten Fall mit ausgedruckter Fotodokumentation. Wir sind doch nicht mehr im 20. Jahrhundert!
Welche digitalen Lösungen vermissen Sie im Immobilienbereich?
Für die Mieter und Putzfirmen, die vor Ort ein Problem bemerken und es der Hausverwaltung melden wollen, muss der Prozess noch deutlich einfacher gehen. Die müssen mit dem Handy ein Foto des Problems schießen können und dann auf dem Laufenden gehalten werden, was die Hausverwaltung tut, wen sie beauftragt und ob es behoben wurde. Das ist nicht nur eine massive Verbesserung für den Mieter, auch der Hausverwalter kann so gleich den richtigen Handwerker schicken und verfolgen, ob der das Problem beheben konnte.
Auch die Kommunikation mit unseren Mietern in Einkaufszentren geht immer noch per Telefon und E-Mail, da gibt es auch noch Raum nach oben für direkten Datenaustausch. Und dort liegt’s sicher nicht an der Fähigkeit, weil das sind alles Profis in großen Handelskonzernen. Ich vermisse hier intuitive Programme in der Cloud, wo der Kunde nichts installieren muss sondern einfach direkt interagieren kann.
In welchen Prozessen verwenden Sie in Ihrem Unternehmen digitale Lösungen?
Wir haben die gesamte interne Kommunikation auf eine Plattform namens Basecamp umgestellt, schon vor vielen Jahren. Dort gibt es „Chats“, es können Mängelmeldungen strukturiert abgearbeitet werden und die Dokumentation von laufenden Prozessen ist sehr einfach und übersichtlich. Ob es die Anmietung eines Objekts durch den Mieter ist, ob eine Dachrinne tropft oder ob ein komplexerer Umbau in einem ganzen Gebäude erfasst werden und der zeitliche Ablauf definiert werden muss. Wenn ein Kollege einen interessanten Artikel über eine neue Technologie oder einen neuen Handwerker findet, er kann ihn „posten“ und die anderen können davon profitieren. Und als Chef hat man stets den Überblick, wie die Projekte und Prozesse gerade laufen, quasi als „Dashboard“.
Aber natürlich haben wir auch klassische Buchhaltungs- und Hausverwaltungs-Software wo alle Belege digital erfasst und verarbeitet werden und der Zahlungsverkehr halbautomatisch drüber läuft, das ist aber schon fast Standard, denke ich.
Was stört Sie bei Anbietern von digitalen Lösungen am meisten?
Wir in der Immobilienbranche sind leider immer noch in einer relativ frühen Phase der Digitalisierung, wo jeder Anbieter seine eigene (oft sehr clevere) Lösung entwickelt aber die Programme noch nicht mit einander reden, da es noch keine einheitliche Standards zum Datenaustausch gibt. Das war in den 1990ern am PC auch so, heute ist es total klar dass Excel, Word und Outlook miteinander kommunizieren. Für uns ist es selbstverständlich, dass man auf Google Docs miteinander an einer Präsentation oder Tabelle arbeiten kann, die von einem anderen Hersteller (z.B. Microsoft) stammt.
Das haben wir bei den Immobilien-Lösungen noch nicht, man muss sich für eine Lösung entscheiden, der Hersteller meint die decke eh alles ab, und hat Angst mit anderen Programmen zu interagieren weil er ja dann – vermeintlich – austauschbar ist. Alle Daten sind dann in dem einen Programm „gefangen“ und der Hersteller meint, so bindet er den Kunden langfristig. Der Kunde will aber nicht langfristig gebunden sein, der will immer die beste Software für die Aufgabe auswählen. Das wird sich noch entwickeln, da muss man Geduld haben.