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Wohnen ohne Grenzen: Wie Digital Nomads den Immobilienmarkt umkrempeln

Über 40 Millionen Menschen weltweit bezeichnen sich heute als Digital Nomads – mehr als dreimal so viele wie noch 2019. Getrieben von Pandemie, Remote-Work-Politiken und einem Jobmarkt, der sich immer stärker von festen Standorten löst, ist globale Mobilität längst keine Randerscheinung mehr, sondern strukturelle Realität. Allein 165.000 Briten leben und arbeiten inzwischen jährlich im Ausland – im Schnitt sieben Monate lang.
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Wohnen ohne Grenzen: Wie Digital Nomads den Immobilienmarkt umkrempeln
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67 Länder bieten mittlerweile spezielle Digital-Nomad-Visa, und die meisten bleiben drei bis neun Monate an einem Ort. Damit bilden sie eine neue Klasse von Bewohnern: weder Touristen noch klassische Mieter. Ihre Bedürfnisse sprengen bestehende Modelle – zwischen streng regulierten Langzeitmieten und kurz getakteten Ferienapartments klafft eine Lücke.

Chancen: Von Café bis Co-Living

In Städten wie Lissabon, Kapstadt, Bali oder Mexiko-Stadt sind Digital Nomads längst sichtbare Akteure. Sie bringen Kaufkraft in lokale Cafés, Coworking-Spaces und Dienstleistungssektoren. Manche Co-Living-Anbieter schaffen Plattformen für Wissensaustausch zwischen internationalen Fachkräften und lokalen Gründern. In Kapstadt etwa trägt Remote-Arbeit zur Tourismus-Erholung und Infrastruktur-Investition bei.

Risiken: Währungsstärke trifft Wohnungsknappheit

Doch der Boom hat Nebenwirkungen. In Lissabon explodierten die Mieten, auf den Balearen stiegen sie binnen eines Jahres um 18 %. Der Grund: Nomads verdienen in harten Währungen und zahlen in schwächeren – ein Ungleichgewicht, das den Druck auf den ohnehin knappen Wohnraum verstärkt. Die Frage lautet daher nicht ob sie in Städten willkommen sind, sondern wie Wohnungssysteme diese neue Nachfragekategorie abbilden können.

PropTech als Scharnier

Hier kommt PropTech ins Spiel. Digitale Plattformen vereinfachen Zugänge, verwalten Mietprozesse effizienter und erzeugen Daten, die für die Stadtplanung Gold wert sind. Das zeigt das Beispiel der neuen EU-„Airbnb-Gesetzgebung“: Plattformen müssen künftig Daten zu Vermietern und Belegung mit Behörden teilen, um Transparenz zu schaffen. Überträgt man dieses Prinzip auf mittelfristige Vermietungen, ließen sich saisonale Zuzüge steuern und Wohnungsengpässe besser managen – ohne die Chancen zu verspielen.

Keine Modeerscheinung, sondern Systemfrage

Digital Nomads sind gekommen, um zu bleiben. Ihre wachsende Bedeutung zwingt Wohnmärkte und Politik zum Umdenken. Mit klugen Regulierungen und smarter Technologie lassen sich Risiken begrenzen und Chancen nutzen. Wohnen im 21. Jahrhundert bedeutet: flexibel, grenzüberschreitend – und datenbasiert.

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